Frontotemporale Demenz Klinik und Poliklinik für Pschiatrie und Psychotherapie, Technische Universität München Zusammenfassung
Die frontotemporale Demenz ist eine seltene Form des fortschreitenden intellektuellen
Abbaus, bei der nicht die Beeinträchtigung von Gedächtnis und Orientierungsfähigkeit im
Vordergrund steht, sondern fortschreitende Veränderungen der Persönlichkeit, des Antriebs
und der sozialen Verhaltensweisen. Dem klinischen Bild können unterschiedliche
neurodegenerative Prozesse zugrundeliegen, die sich meist auf die Hirnrinde beschränken,
gelegentlich aber die Stammganglien betreffen, und sehr selten sogar die motorischen
Vorderhornzellen in Mitleidenschaft ziehen. Bei den meisten Patienten sieht man einen
unspezifischen Nervenzellverlust mit reaktiver Gliavermehrung; seltener ist eine scharf gegen
die Umgebung abgegrenzte frontotemporale Atrophie mit hochgradigem Zelluntergang,
schwerer Gliose sowie kugelförmigen intraneuronalen Einschlußkörpern und blasse
aufgeblähte Nervenzellen. Diese eigentümlichen Veränderungen werden nach dem Prager
Neurologen Arnold Pick als „Pick-Körper“ und „Pick-Zellen“ bezeichnet. Die
frontotemporale Demenz ist schwer zu erkennen, weil ihre Hauptsymptome nicht-organischen
psychischen Störungen ähneln, vor allem der Manie, der Zwangsstörung und der
Schizophrenie, manchmal der Depression und der Persönlichkeitsstörung. Die Diagnose ist
auch deswegen schwierig, weil sämtliche klinischen Instrumente zur Erfassung von
kognitiven Störungen, Alltagsbehinderungen und nicht-kognitiven Symptomen auf die
prototypische Demenz der Alzheimer-Krankheit zugeschnitten sind und die
Verhaltensänderungen bei Stirnhirnerkrankungen nur sehr unzureichend abbilden. Ganz
anders als bei den weiter verbreiteten Formen der Demenz gestalten sich auch die Probleme
der Angehörigen und Bezugspersonen. Im vorliegenden Beitrag stellen wir die gegenwärtigen
Erkenntnisse zu Häufigkeit, Ursachen und Risikofaktoren der frontotemporalen Demenz dar.
Wir illustrieren das klinische Bild und den Verlauf anhand eines Fallbeispiels, geben
diagnostische Hinweise und diskutieren die pharmakotherapeutischen sowie nicht-
medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten.
Summary
Frontotemporal dementia is a rare form of progressive intellectual deterioration. Its most
prominent clinical features are alterations in personality, motivation, and social conduct
whereas memory and orientation remain largely unimpaired. Several underlying
neurodegenerative processes may be distinguished which are confined to the cerebral cortex in
most cases but occasionally involve the basal ganglia and rarely the anterior horn cells. Most
frequently, histopathological examination reveals a non-specific loss of neurons accompanied
by reactive gliosis. In a minority of cases, globose intraneuronal inclusions and achromatic
ballooned neurons are seen. These peculiar morphological changes are called „Pick bodies“
and „Pick cells“ after the neurologist Arnold Pick who worked in Prague. It can be difficult to
identify frontotemporal dementia because its major symptoms mimick non-organic psychiatric
disorders including mania, obsessive-compulsive disorder, schizophrenia, depression or
personality disorder. Another problem of diagnosis is that all clinical instruments that are
available for assessing cognition, activities of daily living, and non-cognitive symptoms have
been tailored to the prototypic dementia in Alzheimer’s disease and are less sensitive to the
psychopathology of frontal lobe diseases. The burden that frontotemporal dementia imposes
on caregivers is also completely different from the one encountered by families of patients
with the more prevalent dementias. In the present contribution we summarize the current
evidence on epidemiology, aetiology, and risk factors of frontotemporal dementia. Clinical
symptoms and course will be illustrated by a case example. We will also provide guidelines
for diagnosis and discuss treatment options.
Einleitung
Die Frontotemporale Demenz ist eine Form des fortschreitenden intellektuellen Abbaus, die
bei umschriebenen atrophischen Prozessen des Frontallappens und/oder des Temporallappens
entsteht, und bei der Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens, des Antriebs
und der Sprache im Vordergrund der Symptomatik stehen. Die erste Fallbeschreibung wurde
1892 von Arnold Pick publiziert. Er beschrieb einen Patienten mit einer „hochgradigen
Sprachstörung aphatischen Charakters” und einer ausgeprägten Gedächtnisstörung, bei dem in
der Autopsie eine Atrophie des linken Temporallappens gefunden wurde. Nachdem sich bis
etwa in die dreißiger Jahre zahlreiche Kliniker und Pathologen mit den frontotemporalen
Atrophien und den damit assoziierten Demenzformen beschäftigen, ließ das Interesse danach
spürbar nach. Auch als die dementiellen Erkrankungen in den letzten beiden Jahrzehnten
zunehmend in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesse rückten, stand die
Frontotemporale Demenz vor allem in deutschsprachigen Ländern im Schatten der Alzheimer-
Krankheit. Dies dürfte nicht ausschließlich mit den geringen Patientenzahlen
zusammenhängen, denn in Schweden und Großbritannien wurde seit Mitte der 80er Jahre
große Mühe darauf verwendet, Kollektive zusammenzustellen und klinische Symptomatik
sowie diagnostische Möglichkeiten systematisch zu untersuchen. Ziel der Forschung auf
diesem Gebiet ist in erster Linie, die biochemischen, histopathologischen und auch
genetischen Grundlagen der Frontotemporalen Demenz zu identifizieren, um geeignete
Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Ebenso wichtig ist es aber, durch die Zusammenhänge
der klinischen Symptomatik mit den zugrundeliegenden Ursachen weitere Kenntnisse über die
Funktionen des Frontallappens zu erhalten.
Definition
Ausgehend von der Fallbeschreibung Arnold Picks aus dem Jahr 1892 und von mehreren
ähnlichen, anschließend veröffentlichten Fällen bezeichneten Onari und Spatz 1926 lobäre
Atrophien des Stirn- oder Schläfenlappens in Abwesenheit von arteriosklerotischen oder
Alzheimer-typischen Befunden als „Picksche Krankheit“. Aus historischer Sicht ist es daher
gerechtfertigt –und in der klinischen Praxis nach wie vor üblich – diesen Begriff auf
Demenzzustände bei frontotemporalen Atrophien anzuwenden. Davon unterscheidet sich
jedoch der Sprachgebrauch vieler Neuropathologen. Sie knüpfen den Ausdruck „Picksche
Krankheit“ an das Vorhandensein von charakteristischen intrazytoplasmatischen, tau- und
ubiquitinhaltigen Einschlußkörpern („Pick-Körpern“, Abbildung 1), die Alois Alzheimer 1911
bei frontotemporalen Atrophien erstmals beschrieb. Es hat sich herausgestellt, daß sie die
einzigen morphologischen Merkmale sind, die ausschließlich bei Demenzzuständen infolge
von frontotemporalen Degenerationen auftreten. Definiert man die Picksche Krankheit durch
diese Einschlußkörper, so stellt sie keine klinische Diagnose dar, sondern kann nur
histopathologisch identifiziert werden. Das klinische Syndrom der frontotemporalen Demenz
kann aber bei atrophischen Prozessen mit sehr unterschiedlichen morphologischen Merkmalen
auftreten. Aus diesem Grund legten die Forschungsgruppen aus Lund und Manchester in ihrer
Übereinkunft von 1994 fest, daß die Diagnose einer frontotemporalen Demenz unabhängig
von der vorliegenden Pathologie gestellt werden kann. Eine Einteilung in den unspezifischen
Typ der Frontallappendegeneration mit Nervenzelluntergang und reaktiver Gliose ohne
sonstige besondere histologische Merkmale oder den Pick-Typ mit den genannten
Kennzeichen kann zusätzlich vorgenommen werden.
Epidemiologie, Ursachen und Risikofaktoren
Über die Häufigkeit der frontotemporalen Demenz lassen sich keine präzisen Angaben
machen. Da es bis vor kurzem keine einheitlichen Diagnosekriterien gab, weil das
Krankheitsbild oftmals übersehen oder verkannt wird, und da gerade in der ländlichen
Bevölkerung zahlreiche Patienten mit frontotemporaler Demenz nicht beim (Fach-)Arzt
vorstellig werden, ist ihr Anteil an den präsenilen Demenzursachen wahrscheinlich höher als
bisher angenommen wurde. Nach den Ergebnissen mehrerer Autopsiestudien stellen die
frontotemporalen Degenerationen mit einem Anteil von 10 - 20% die dritthäufigste
Demenzursache nach Alzheimer- und Lewy-Körper-Krankheit dar. In einer fortlaufenden
Wiener Autopsiestudie an über 600 Demenzkranken betrug der Anteil der frontotemporalen
Degeneration allerdings nur 2.7%. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen, der
durchschnittliche Krankheitsbeginn liegt bei 56 Jahren. Die mittlere Lebenserwartung nach
der Diagnose wird mit 8 Jahren angegeben, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Zeitpunkt
des Auftreten der ersten Symptome im Rückblick oft schwierig zu bestimmen ist und somit
die Angaben, aus denen die Schätzungen zur Dauer des Krankheitsverlaufs erstellt werden,
zum Teil ungenau sein dürften. Die Häufigkeit von Sekundärfällen unter den Verwandten von
Patienten mit frontotemporaler Demenz wird in mehreren Studien mit rund 50 % angegeben.
Häufig liegt ein autosomal dominanter Erbgang vor. In einigen Familien, bei denen die
Frontotemporale Demenz mit Parkinson-Symptomen kombiniert ist, wurden Beziehungen zu
Chromosom 17q21 – 22 nachgewiesen. Kurz darauf fand man heraus, daß Mutationen im
Tau-Gen, das auf dem Abschnitt 17q21-22 liegt, für die an Chromosom 17 gekoppelten
frontotemporalen Demenzen verantwortlich sein können.
Klinisches Bild und Verlauf
Die klinische Symptomatik der frontotemporalen Demenz ist vielfältig und hängt vermutlich
von der Lokalisation der betroffenen Hirnareale ab. Nach den klinischen Diagnosekriterien,
die aus der Zusammenarbeit der Forschergruppen aus Lund (Schweden) und Manchester
(England) hervorgingen, sind schleichender Beginn und allmähliche Verschlechterung der
Symptomatik, früh im Verlauf auftretende Persönlichkeitsveränderung mit Vergröberung des
Sozialverhaltens, eine Verflachung des Affekts sowie Verlust der Krankheitseinsicht
kennzeichnende Merkmale. Die sprachlichen Fähigkeiten sind schon früh im Verlauf
beeinträchtigt, wobei ein allmählicher Verlust des Sprachantriebs bei zunächst erhaltenen
linguistischen Fähigkeiten im Vordergrund steht. Später treten weitere kognitive Defizite auf.
Eine Reihe weiterer Symptome kann fakultativ dazukommen, wobei die Ausprägung bei den
einzelnen Patienten sehr unterschiedlich ist. (Tabelle 1). Anhand eines Fallbeispiels sollen im
folgenden typische Symptome der frontotemporalen Demenz dargestellt werden.
Fallbeispiel
Herr B. wurde 1996 stellte sich erstmals in unserer Ambulanz vor. Der damals 58-jährige Patient gab an, daß
einige Monate zuvor depressive Symptome in Form von Antriebsmangel, vegetativen Beschwerden wie eine
„Verdunkelung im Kopf“ und ein pelziges Gefühl im linken Kopfbereich sowie Konzentrationsprobleme
aufgetreten seien. Man habe eine Depression diagnostiziert, weswegen er eine Woche stationär behandelt worden
sei. Jetzt, drei Monate, später fühle er sich aber wieder fit und stabil, er mache sich allerdings Sorgen um seinen
Arbeitsplatz, man wolle ihm wohl, aus ihm nicht nachvollziehbaren Gründen, kündigen.
Die Betriebsärztin des Unternehmens, bei dem Herr B. 20 Jahre lang, davon mehrere Jahre als Geschäftsführer
tätig war, beschreibt den Zustand des Patienten im Herbst 1996: Seit etwa vier Jahren wurde ein schleichender
Leistungsabfall bemerkt. Man mußte die Aufgaben drastisch reduzieren. Übertragenen Aufgaben wird nicht
entsprochen, sie werden vergessen, ohne daß Herr B. dabei Schuldgefühle zeigt. Ein jetzt entdecktes
Fehlverhalten mit erheblichen finanziellen Verlusten für das Unternehmen wird von Herrn B. nicht bestritten. die
Konsequenzen aber nicht erfaßt, bzw. er steht ihnen emotionslos gegenüber. Im Gespräch macht Herr B. zwar
den Eindruck, als ob er zuhört, er nimmt aber nicht richtig auf, sondern führt seine Gesprächsbeiträge unbeirrt
fort. Unangenehme Dinge, z.B. Beschwerden der Mitarbeiter über störenden Schweißgeruch (bei dem immer
sehr gepflegten Mann) werden ohne sichtliche Betroffenheit entgegengenommen, eine Verflachung des Affekts
ist deutlich. Seit etwa 2 Jahren erscheint Herr B. zum teil mehrmals täglich in der betriebsärztlichen Ambulanz,
z.T. mit wechselnden Beschwerden, Ängsten und hypochondrischen Befürchtungen. Hinter der höflichen,
gepflegten Erscheinung, dem sehr beflissenen Benehmen findet seine Umgebung eine zunehmende, manchmal
erschreckende Veränderung gewohnten Persönlichkeitsbildes.
In der neuropsychologischen Untersuchung im Rahmen der ersten Untersuchung in unserer Klinik war Herr B.
zu allen Qualitäten voll orientiert, im Mini-Mental-Status-Test, einem Demenz-Screening-Test, erreichte er 30
von 30 möglichen Punkten; im CAMCOG, einer ausführlichen neuropsychologischen Testung, 99 von 107
Punkten, was einem unauffälligen Befund entsprach. Die Spontansprache war mit Ausnahme eines seit Kindheit
bestehenden leichten Stotterns flüssig, es fielen keine Wortfindungsstörungen oder Paraphasien, aber viele
stereotype Wiederholungen, Perseverationen, eine gewisse Weitschweifigkeit und Logorrhoe auf. Im Rahmen
unserer Untersuchung wurde ein kraniales MRT durchgeführt, das unauffällig war. Die 18-FDG-PET-
Untersuchung zeigte jedoch eine ausgeprägte Minderbelegung im Bereich der anterioren Anteile des rechten
Temporallappens, weniger deutlich auch in den Anteilen des linken Parietallappens. Bei unauffälliger
internistischer und neurologischer Untersuchung sowie unauffälligen Laborbefunden diagnostizierten wir bei
Herrn B. auf der Grundlage der fremdanamnestischen Angaben und den Ergebnissen der Bildgebung eine leichte
kognitive Störung, am ehesten im Rahmen einer Erkrankung des Stirnhirns.
Im Juli 1999 stellte sich der Patient auf Drängen seiner Ehefrau wieder bei uns vor. Sie berichtete, daß der
Zustand ihres Mannes sich in den letzten Monaten rapide verschlechtert habe. Man könne sich mit ihm nicht
mehr vernünftig unterhalten, er gehe nicht auf Argumente ein, spreche immer stur weiter, ohne sich unterbrechen
zu lassen. Ihr und den Kindern gegenüber lege er völliges Desinteresse an den Tag. Er sei deutlich
antriebsgesteigert und unruhig, scheine nie zu ermüden. Manchmal habe sie den Eindruck, das
Sprachverständnis sei leicht beeinträchtigt, wenn er etwas sagen wolle, verwende er immer häufiger die falschen
Worte. Sein Fahrverhalten am Steuer beängstige sie zusehends, Früher sei er ein verantwortungsbewußter und
vorsichtiger Autofahrer gewesen, jetzt fahre er sehr aggressiv, letztens habe er sogar das Auto auf der Autobahn
gewendet. Die Durchführung einer erneuten genaueren Untersuchung und einer Bildgebung wurde von Herrn B.
abgelehnt, mit der Erklärung daß er gesund sei. Aufgrund der Vorbefunde, des aktuellen klinischen Eindrucks,
des Verlaufs und der Angaben der Ehefrau stellte wir nun die Diagnose einer frontotemporalen Demenz.
Im Januar 2001 wurde Herr B. im Rahmen eines Hausbesuchs erneut von uns untersucht. Herr B. war noch
weniger kooperativ als zuvor und beantwortete keine Fragen. Der Versuch einer Blutabnahme scheiterte an der
mangelnden Kooperation des Patienten, der den Sinn der Untersuchung nicht verstand. Die Sprache war flüssig,
die Sätze kurz, dominiert von semantischenParaphasien. Als sich wegen der Untersuchung der übliche
Zeitpunkt des Mittagessens verschob, wurde er seiner Frau gegenüber fordernd und verbal aggressiv. Die
Ehefrau berichtete, ihr Mann lege häufig eine Art von zwanghaftem Verhalten an den Tag, er müsse - gleich
einem Ritual – immer zur selben Zeit aufstehen und immer zur selben Zeit das gleiche tun. Er stehe um 6 Uhr
auf, wasche sich nicht. Am Vormittag kontrolliere er seine 180 (!) Bingokarten (Karten mit Glückszahlen, die
täglich in der Zeitung erscheinen). Zu Mittag und zu Abend esse er täglich Leberkäse und Pommes frites, wenn
sie ihm etwas anderes anbiete, weigere er sich, zu essen. Seit neuestem habe er einen Heißhunger auf Süßigkeiten, insbesondere auf Bonbons. Am Nachmittag unternehme er Ausflüge in die nähere Umgebung,
häufig gehe er in das benachbarte Krankenhaus – obwohl er dort Hausverbot habe - stöbere dort in den
Patientenzimmern herum und stehle gelegentlich Kleinigkeiten, ohne sich durch Androhung von Strafen
einschüchtern zu lassen. Nach wie vor könne er nicht verkraften, daß man ihm wegen eines selbst verschuldeten
Unfalls mit Fahrerflucht den Führerschein entzogen habe. Er spreche viele Leute darauf an, kürzlich habe er es
auf einer Veranstaltung am Münchener Flughafen unter einem Vorwand geschafft, zu Bundeskanzler Schröder
vorzudringen und er habe ihn gebeten, ihm wieder zu seinem Führerschein zu verhelfen. Anderen Autofahrern
gegenüber sei er sehr aggressiv und enthemmt, er springe in die Straße, um die Autos zum Ausweichen zu
zwingen, und habe auch schon mit einem Schirm oder einem Einkaufswagen Fahrzeuge beschädigt. Er habe
überhaupt keine Krankheitseinsicht, den Risperidon-Saft, den sie ihm nach der ersten Attacke auf ein fremdes
Auto geben wollte, habe er heimlich in die Blumen gegossen.
Der in unserem Fallbeispiel beschriebene Patient zeigt eine deutliche Antriebssteigerung, wie
sie häufig bei der frontotemporalen Demenz und bevorzugt bei männlichen Patienten auftritt.
Bei vielen anderen Patienten herrscht dagegen von Anfang an eine ausgeprägte
Antriebslosigkeit vor, die mit sozialem Rückzug und Versiegen der Kommunikation
einhergeht. Das Endstadium der frontotemporalen Demenz ist bei allen Patienten ähnlich. Die
Sprache verarmt, bis die Patienten mit stark eingeschränkten Wortschatz nur noch wenig
sprechen oder die Sprachverödung schließlich zum völligen Mutismus fortschreitet. Die
Patienten sind dann inkontinent, bettlägerig und pflegebedürftig. Die körperliche
Symptomatik ist unspezifisch. Das Auftreten von Primitivreflexen wie Schnauz-, Greif und
Palmomentalreflexen, niedrigem und labilem Blutdruck werden beobachtet. Rigidität,
Akinese und Tremor sind späte Symptome.
Klinische Diagnose und Differentialdiagnose
Bei der Untersuchung muß besonderer Wert auf eine ausführliche Fremdanamnese gelegt
werden. Meist schätzen Patienten mit frontotemporaler Demenz sich und ihre
Leistungsfähigkeit falsch ein. Infolge mangelnder Krankheitseinsicht werden sie Fragen nach
kognitiven Beeinträchtigungen oder Verhaltensveränderungen verneinen. Einem Arzt, der den
Patienten im Verlauf nicht kennt, kann dieser primär unauffällig erscheinen. Nur ein naher
Angehöriger, der mit den prämorbiden Persönlichkeitseigenschaften vertraut ist, bemerkt die
Veränderungen der Verhaltensweisen. Die gängigen Demenztests, die in erster Linie zur
Erkennung einer Alzheimer-Krankheit angelegt sind, und deren Schwerpunkt mehr auf
Orientierung und Gedächtnis, weniger auf den sprachlichen und exekutiven Funktionen,
Abstraktionsvermögen, planvolles Handeln, Problemlöseverhalten und geistige Flexibilität,
liegt, sind zur Aufdeckung der Diagnose oftmals wenig hilfreich. Wie im eben beschriebenen
Fall schneiden die Patienten zu Beginn der Erkrankung häufig mit normalen Testergebnissen
ab. Die visuokonstruktiven Fähigkeiten können im weiteren Verlauf sogar
überdurchschnittlich sein. Daher ist zu bedenken, daß ein unauffälliges Ergebnis in Routine-
Tests wie dem Mini-Mental-Status-Test sowie eine fehlende Beeinträchtigung von
gewohnheitsmäßigen Alltagsaktivitäten die Diagnose einer frontotemporalen Demenz nicht
ausschließen. Nur eine ausführliche neuropsychologische Untersuchung kann die typischen
Störungen der Exekutivfunktionen abbilden, die sprachlichen Defizite charakterisieren und
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisdefizite aufdecken. In jüngster Zeit wurden mehrere
Fragebogen entwickelt, die Diagnose einer frontotemporalen Demenz bzw.
differentialdiagnostische Abgrenzung zur Alzheimer-Demenz anhand der Bewertung
bestimmter Verhaltensauffälligkeiten und gezielter neuropsychologischer Tests ermöglichen
Zur Sicherung der Diagnose einer frontotemporalen Demenz sind neben der klinischen
Untersuchung bildgebende Verfahren erforderlich. In der strukturellen Bildgebung findet sich
bei den meisten Patienten eine Atrophie im Frontal- und/oder Temporallappen (Abbildung 2),
im kranialen SPECT und PET (Abbildung 3), zeigt sich eine Hypoperfusion bzw. ein
Hypometabolismus in den entsprechenden Arealen, wobei allerdings unauffällige Befunde der
Bildgebung die Diagnose einer frontotemporalen Demenz nicht ausschließen. Das EEG ist
unauffällig. Die Konzentration des Tau-Proteins im Liquor, einem Indikator des
Zelluntergangs, ist leicht erhöht, aber niedriger als bei Alzheimer-Patienten.
Aufgrund der vielfältigen und wenig spezifischen Symptomatik kann die Abgrenzung der
frontotemporalen Demenz gegenüber verschiedenen organischen und nicht-organischen
Erkrankungen Schwierigkeiten bereiten. Die semantische Demenz als auch die primär progressive Aphasie sind zwei weitere klinische Syndrome, die bei umschriebenen
frontotemporalen Atrophien auftreten können. Bei der semantischen Demenz sind die
vorderen Temporallappen bilateral von der Atrophie betroffen. Im Vordergrund stehen
Beeinträchtigungen der sprachlichen Fähigkeiten. Den Patienten geht die Bedeutung von
Personen, Wörtern und Objekten verloren. Bei stets flüssiger Sprechweise verwenden die
Patienten einen fortwährend schrumpfenden Wortschatz, letztlich sprechen die Patienten nicht
mehr. Die nicht-sprachlichen kognitiven Leistungen sind dagegen lange Zeit nur wenig
beeinträchtigt. Relativ früh im Verlauf treten zusätzlich zu dem semantischen
DefizitVerhaltensveränderungen auf, wie sie für die frontotemporale Demenz typisch sind,
allerdings meist nicht so stark ausgeprägt. Bei der primär progressiven Aphasie kommt es
infolge einer (bei Rechtshändern) linksbetonten Atrophie des Frontal- und Temporallappens
zu ausgeprägten Sprachstörungen. Bei gleichzeitig jahrelang fehlender Beeinträchtigung in
anderen kognitiven Bereichen sprechen die Betroffenen angestrengt, stockend, nicht flüssig,
in einer Art von Telegrammstil, mit langen Pausen zwischen den einzelnen Wörtern
("Sprechapraxie"). Die Sprachstörung endet im Mutismus. Im Gegensatz zur frontotemporalen
Demenz und semantischen Demenz ist bei Patienten mit primär progressiver Aphasie
Krankheitseinsicht vorhanden, die Patienten leiden erheblich unter ihren sprachlichen
Problemen. Nach mehreren Jahren treten allmählich zusätzliche Verhaltensauffälligkeiten und
kognitve Beeinträchtigungen auf, es entwickelt sich das Vollbild einer frontotemporalen
Demenz. In manchen Fällen liegen dem Syndrom der primär progressiven Atrophie die
morphologischen Veränderungen der Alzheimer-Krankheit oder der corticobasalen
Degeneration zugrunde, so daß die anfangs isolierte Sprachstörung in das klinische Bild jener
Eine frontal betonte Demenz kann auch erstes Krankheitssymptom der Corticobasalen Degeneration sein. Gleichzeitig oder im Verlauf treten aber neurologische Symptome auf, die
zu einem ausgeprägten akinetisch-rigidem Syndrom führen. Häufig findet sich eine einseitige
Apraxie bei cortical-sensorischem Defizit („alien limb“ = Gefühl der Fremdheit einer
Extremität), Pyramidenbahnzeichen, supranukleäre Augenbewegungsstörungen und eine
Obwohl zu Beginn einer frontotemporalen Demenz deutlichen Veränderungen des Verhaltens
und der Persönlichkeit das klinische Bild bestimmen, kann die differentialdiagnostische
Abgrenzung zur Alzheimer-Krankheit, bei der zu Beginn Gedächtnisprobleme im
Vordergrund stehen, problematisch sein. Das gilt besonders dann, wenn sich der
neurodegenerative Prozess der Alzheimer-Krankheit auf den Frontallappen ausdehnt. Im
Spätstadium einer frontotemporalen Demenz ist die Differentialdiagnose zur Alzheimer-
Interesselosigkeit, sozialer Rückzug, Antriebsmangel und Störungen der Aufmerksamkeit
sind Symptome, die sowohl bei einer frontotemporalen Demenz als auch bei einer Depression
vorkommen. Die differentialdiagnostische Abgrenzung wird erschwert durch den Umstand,
daß Stirnhirnerkrankungen im Frühstadium nicht selten mit depressiven Verstimmungen und
hypochondrischen Befürchtungen einhergehen. Sorglosigkeit, Enthemmung und Überaktivität
– ebenfalls häufige Symptome einer frontotemporalen Demenz können das Bild einer
Hypomanie oder Manie vortäuschen. Das stereotype und perseverierende Verhalten von
Patienten mit frontotemporaler Demenz mag bei oberflächlicher Betrachtung einer
Zwangserkrankung ähneln. Es fehlt allerdings die für Zwangssyndrome charakteristische
Bewertung der Routinen als unsinnig und quälend. Selbst schizophrenieähnliche Bilder
können der frontotemporalen Demenz auftreten. Insbesondere sind es absonderliche
Verhaltensweisen, Unnahbarkeit, Rückzug und Interesselosigkeit, die an Negativsymptome
einer Schizophrenie denken lassen, insbesondere, wenn es sich um jüngere Patienten handelt.
Therapie
Bis heute ist nur wenig über pharmakotherapeutische Möglichkeiten und nicht-
medikamentöse Therapieformen bei der frontotemporalen Demenz bekannt.
Medikamentöse Therapiemöglichkeiten
Bei der frontotemporalen Demenz liegt, im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit, kein
cholinerges Defizit vor. Cholinesteraseblocker, die erfolgreich zur Behandlung der
Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, haben daher vermutlich keinen positiven Effekt bei
frontotemporal dementen Patienten. Galantamin bewirkt neben einer Hemmung der
Acetylcholinesterase eine Potenzierung der Acetylcholinwirkung an den prä- und
postsynaptischen Nikotin-Rezeptoren und erhöht dadurch die Freisetzung zahlreicher
Neurotransmitter. Ob diese Substanz bei der frontotemporalen Demenz hilfreich sein kann, ist
allerdings noch nicht bekannt. Das ausgeprägte postsynaptische serotonerge Defizit bei
frontotemporal-dementen Patienten ist Grundlage für die Behandlung mit Substanzen, die in
den Serotonin-Stoffwechsel eingereifen. So sprechen depressive Verstimmung und
Antriebslosigkeit, aber auch Enthemmung und gesteigertes Eßverhalten in der Tat auf eine
Behandlung mit selektiv serotonergen Antidepressiva an. In der klinischen Praxis erwiesen
sich Sertralin 50 mg oder Citalopram 20 mg als wirksam. Die Behandlung mit dem alpha-2-
Adrenozeptor-Antagonisten Idazoxan, der das noradrenerge System als bedeutenden
Modulator der Frontallappenfunktionen beeinflußt, führte bei einem einzelnen Patienten zu
einer Verbesserung von Aufmerksamkeit, Wortflüssigkeit und planvollem Handeln.
Medikamente, die das dopaminerge System beeinflussen, werden zur Behandlung von
Apathie und Antriebslosigkeit empfohlen, Bromocriptin, aber auch Amphetamine und
Methylphenidat sollen sich als wirksam erwiesen haben. Die gerade bei der frontotemporalen
Demenz häufig auftretende Agitiertheit spricht ebenso wie Aggressivität und Unruhe auf die
Behandlung mit Neuroleptika an. Bisher gibt es keine kontrollierten Studien über den Effekt
der älteren Antidementiva, z.B. Memantine oder Piracetam.
Nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten
Es gibt bisher nur sehr geringe Erfahrungen mit der nicht-medikamentösen oder
psychotherapeutischen Behandlung von Patienten mit frontotemporaler Demenz.
Über Therapieverfahren zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten, wie Gedächtnistraining
oder logopädische Übungen, gibt es nur Erfahrungsberichte. Die Wirksamkeit ist allerdings
eher skeptisch zu beurteilen, wobei zu berücksichtigen ist, daß jede Übungsstunde, insofern
sie den Patienten nicht überfordert, Aktivierung und Ablenkung für den Patienten bedeutet,
ihm also einen gewissen Nutzen bringt. Weit mehr im Vordergrund der Therapie von
Patienten mit frontotemporaler Demenz steht die Beeinflussung der Verhaltensauffälligkeiten.
Da den Patienten meist die Krankheitseinsicht fehlt, muß eine Einflußnahme auf ganz subtile
Weise geschehen, da sonst heftiger Widerstand ausgelöst werden kann. Von Vorteil ist, daß
im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit die praktischen Fähigkeiten der Patienten lange gut
erhalten sind. Beschäftigung, die der Patient selbst als sinnvoll ansieht, wie Zeichnen, Singen
oder sportliche Aktivitäten, können den Patienten auslasten und Aggressionen mildern. Auch
Tätigkeiten, die dem Gesunden auf den ersten Blick „unsinnig“ erscheinen – einer unserer
Patienten schneidet beispielsweise täglich stundenlang Bilder aus der Zeitung –können zum
Wohlbefinden des Patienten beitragen. Bei Patienten mit vorherrschender Antriebslosigkeit
und Rückzugstendenzen steht die Aktivierung im Vordergrund. Tätigkeiten, die dem Patient
angenehm sind, sowie positive Verstärkung jeder aktiven Betätigung können zu einer
Verbesserung des Antriebsniveaus führen.
Aufklärung und Beratung der Angehörigen
Ein unerläßlicher Bestandteil der Therapie der frontotemporalen Demenz ist die ausführliche
Aufklärung, Beratung und Betreuung. Deren Sorgen und Nöte sind zum Teil von ganz anderer
Art, als bei Angehörigen von Alzheimer-Patienten. Die geringsten Probleme haben nach
unserer klinischen Erfahrung die Angehörigen von antriebsgeminderten Patienten, die sich
meist freundlich bis ausdruckslos verhalten und leicht zu führen sind. Da die sprachlichen
Fähigkeiten meist versiegen, stellt sich für die Angehörigen allerdings häufig die quälende
Frage, wieviel die Patienten tatsächlich noch registrieren, ob sie leiden oder Schmerzen haben
und was in ihrem Kopf vorgeht. Wie aus unserem Fallbeispiel hervorgeht, liegen die
Schwierigkeiten bei antriebsgesteigerten Patienten ganz anders. Diese strapazieren mit ihrem
perseverierenden, kaum oder nicht nachvollziehbaren Verhalten die Nerven der Angehörigen
und aller anderen Personen, die mit ihnen in Berührung kommen. Durch zunehmendes
Desinteresse, Taktlosigkeit und Aggressivität bei gleichzeitig fehlender Krankheitseinsicht,
stoßen sie auf Ablehnung. Freunde und Bekannte der Familie - oftmals die einzige Stütze der
Angehörigen – und sogar die eigenen Kinder ziehen sich zurück. Nicht selten richten diese
Patienten durch sinnlose Käufe tätigen oder Sachbeschädigungen finanziellen Schaden an.
Wegen des völligen Verlusts der Rücksichtnahme und des Gefühls können Patienten mit
frontotemporaler Demenz für sich und andere eine erhebliche Gefahr bedeuten. Am Beispiel
des rüchsichtslosen und risikoreichen Autofahrens haben wir dies in unserem Fallbeispiel
Neben einer ausführlichen Beratung über rechtliche Fragen wie Einrichtung einer Betreuung,
Geschäftsfähigkeit, Testierfähigkeit und Fahrtauglichkeit der Patienten sind spezielle
Angehörigengruppen gerade bei dieser Erkrankung hilfreich. Manche Angehörige entwickeln
erstaunlich wirksame Strategien im Umgang mit den Patienten, die durch einen
Erfahrungsaustausch unbedingt weitergegeben werden sollten. Eine Angehörigengruppe
vermittelt auch emotionalen Rückhalt und hilft dabei, Gefühle von Angst, Wut und Schuld
Diskussion
Die „Alzheimerisierung“ des Demenzbegriffs in den 80er Jahren prägt die gegenwärtigen
Diagnosekriterien (DSM IV und ICD 10) und läßt die weiter gefaßte Demenzdefinition der
deutschen Tradition in Vergessenheit geraten. Die frontotemporalen Erkrankungen rufen in
Erinnerung, daß keineswegs alle Demenzzustände dem Prototyp der Alzheimer-Krankheit
entsprechen: Die frontotemporale Demenz ist ein Beispiel dafür, daß ein globales
intelektuelles Defizit und die daraus folgende Unfähigkeit, die gewohnten Tätigkeiten und
sozialen Rollen auszuführen, ganz unterschiedlich komponiert sein können. Die Alzheimer-
Krankheit ist vor allem und über weite Strecken ihres Verlaufs eine „instrumentelle“ Demenz:
Die zentralen Persönlichkeitseigenschaften und Wertsysteme (Pflichtgefühl,
Verantwortungsbewußtsein, Selbstbild, Stolz) bleiben lange Zeit erhalten und sind wichtige
Triebfedern des Verhaltens, die allerdings im Krankheitsverlauf zunehmend in einen
Widerspruch zu den schwindenden Fähigkeiten geraten, die erforderlich sind, um die
angestrebten Ziele zu erfüllen. Im Vergleich dazu führen Stirnhirnprozesse zu „exekutiven“
Formen der Demenz. Die instrumentellen Fähigkeiten (Gedächtnis, Orientierung, Praxie)
bleiben hier weitgehend intakt, aber die vernünftige Anwendung dieser Fähigkeiten im
Kontext einer übergeordneten Planung und Organisation sowie im Rahmen der sozialen
Normen geht verloren. Diese Konstellation und Defiziten erschwert nicht nur die Diagnostik
ungemein. Beeinträchtigungen von Gedächtnis und Orientierung lassen sich problemlos
beurteilen, der Grad der Vernunft bei der Anwendung der Fähigkeiten dagegen läßt sich
allenfalls subjektiv einschätzen. Die so andersartige Symptomkonstellation bei der
frontortemporalen Demenz dürfte Hauptursache für die doch häufigen diagnostischen
Fehleinschätzungen sein. Systematische Untersuchungen an großen Patientenkollektiven sind
nötig, um noch mehr Aufschluß über Symptomatik, Diagnostik und Differentialdiagnostik zu
gewinnen. Besonders wichtig ist aus unserer Sicht die Klärung der Frage, ob es Subtypen mit
vorherrschender Antriebsminderung oder Umtriebigkeit gibt, weil mit solchen Sonderformen
ganz besondere Probleme für die Angehörigen bzw. Pflegepersonen verbunden sein können.
Auch müssen bei derartigen Subtypen möglicherweise unterschiedliche
pharmakotherapeutische, verhaltensmodifizierende und psycho-soziale Interventionen
eingesetzt werden. Es fehlen ferner katamnestische Untersuchungen bei Patienten mit
frontotemporaler Demenz. Sie sind erforderlich, um die Stadien des Verlaufs und deren
interindividuelle Variabilität zu erfassen, um die Bruchstellen in der Versorgung dieser
Patienten zu erkennen, aber auch um die Häufigkeit von Heimunterbringungen und
Krankenhauseinweisungen sowie die auslösenden Ursache in Erfahrung zu bringen.
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Klinische Merkmale der Frontotemporalen Demenz (nach Neary et al. 1998) Folgende Merkmale sind für die Diagnose erforderlich
• Schleichender Beginn und allmähliche Verschlechterung • Früh im Verlauf auftretende Vergröberung des sozialen Verhaltens • Früh im Verlauf auftretende Veränderung der Persönlichkeit • Früh im Verlauf auftretende Verflachung des Affekts • Früzeitiger Verlust der Krankheitseinsicht
Folgende Merkmale stützen die Diagnose
Veränderung des Ablenkbarkeit und mangelndes Durchhaltevermögen
Hyperoralität und Veränderung der Eßgewohnheiten
Perseverierende und stereotype Verhaltensweisen
Sprache und Spachliche Aspontaneität und verringerte Sprachproduktion
Deutliche Störungen in Tests von Frontalfunktionen in Abwesenheit von schwerer
und technische Amnesie, Aphasie oder Wahrnehmungsstörung
Untersuchungsbefunde EEG normal trotz klinisch eindeutiger Demenz
Strukturelle und / oder funktionelle Bildgebung zeigt vorherrschende frontale und
/oder anterior temporale Auffälligkeiten
Neurone des Gyrus dentatus mit zahlreichen Pick-Körpern, die sich als runde,
versilberbare (A) und Tau-positive (B) Einschlüsse darstellen lassen.
Frontotemporale Demenz mit ausgeprägter rechtsbetonter Temporallappenatrophie.
Magnetresonanztomogramm, Inversion Recovery-Sequenz
Hypometabolismus beider Frontallappen bei frontotemporaler Demenz. 18-FDG-Positronen-
Emissions-Tomogramm, Oberflächendarstellung
Wir danken Frau Dr. Manuela Neumann, Institut für Neuropathologie der Ludwig-
Maximilians-Universität München, für Abbildung 1, Frau Prof. Dr. Helga Gräfin von
Einsiedel, Institut für Röntgendiagnostik der Technischen Universität München, für
Abbildung 2, und Herrn Dr. Alexander Drzezga, Nuklearmedizinische Klinik der Technischen
Endodontic Topics 2002, 3, 52–66 Copyright C Blackwell Munksgaard Printed in Denmark. All rights reserved ENDODONTIC TOPICS 2002 Are antibiotics effective for endodontic pain? An evidence-based review Although antibiotics are frequently prescribed to treat endodontic pain patients, there is little evidence fromthe clinical literature to support this indication. This review focuses
Centre for General Linguistics, ZAS, BerlinWe call approaches which use decision theoretic explications of Grice’ relevance maximfor selecting best answers and calculating implicatures relevance scale approaches. In thispaper we discuss these approaches with respect to the questions: Are intuitively optimalassertions identical to assertions with maximal relevance? Can classical relevance impli